Der Tierarzt ist abgehängt beim Boom rund ums Tier

Der Heimtiermarkt boomt: 4,5 Milliarden Euro setzt die Branche um. Nur die Tierärzte versuchen sich gegenseitig trotz Gebührenordnung (GOT) im Preis zu unterbieten und sorgen sich darum, dass ihre Behandlungen zu teuer werden. Warum koppelt sich der Berufsstand vom Branchenboom ab?

Sofas für Hunde im Möbelhaus, über 20 Regalmeter Katzenfutter im Supermarkt (wir haben`s abgeschritten), reichlich Glitzer und ein Latex-Huhn-Hundespielzeug bei Fressnapf & Co. Es ist offensichtlich, dass sich der „Pet“-Sektor glänzend entwickelt, um die 4,5 Milliarden werden in Deutschland im Heimtiersektor umgesetzt. Super sieht’s auch bei den Pferden aus – der Trend geht nicht nur zum Dritthalfter und der Fünftdecke (Endlich! Designer Glööckler füllte die schmerzliche Lücke bei Hufglocken mit einem Modell in Lackschwarz mit goldenen Kronen), sondern auch der Nahrungsergänzungsmittelmarkt boomt.

 

Warum wollen Tierärzte billiger werden?

Gleichzeitig diskutieren wir Tierärzte über die GOT – allerdings häufig im Zusammenhang damit, dass das Regelwerk hinderlich ist, die Preise frei nach unten zu gestalten, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Dazu passt ein Artikel, der kürzlich im SPIEGEL erschien und sich mit der Situation der jüngeren Generation befasste. Dabei wurde auch der Fall einer 29jährigen Tierärztin in einer Kleintierpraxis geschildert, die netto 1.300,- € monatlich verdient.
Leider muss ich sagen, dass niedrige Verdienste und viel Arbeit nicht die Ausnahme bei Tierärzten darstellen. Da frage ich mich doch: Wie passt zusammen, dass auf der einen Seite offensichtlich genug Geld vorhanden ist, um noch den abwegigsten Unsinn zu kaufen, andererseits aber beim Tierarzt nur so viel ankommt, dass nicht selten hoch qualifizierte Kolleginnen und Kollegen bezahlt werden wie Verkäuferinnen und Verkäufer im Einzelhandel.

Vom Wert der Tierarztleistungen

Kann es sein, dass dem Tierhalter die Wertigkeit der Leistungen des Tierarztes überhaupt nicht klar ist? Dass der„Knochenbrecher“, der sein Handwerk im Wochenendkurs gelernt hat, in der Wahrnehmung der Tierbesitzer auf gleicher Höhe mit dem Tierarzt rangiert, weil niemand etwas mit Akronymen a la Diplomate, ECV… , Fach- und Zusatzbezeichnungen anfangen kann?

Qualität hat ihren Preis – und Apple kann seine Produkte deutlich hochpreisiger absetzen als der Rest der Branche. Es wird höchste Zeit, dass die Tierärzteschaft klar macht, was ihre Leistungen wirklich wert sind!

Letzteres ist aus meiner Sicht eine Aufgabe der Verbände – die Finanzierung ließe sich sicher organisieren. Der Beruf des Tierarztes ist sicher kein Flop-Beruf – aber bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen (und dazu gehört nicht unwesentlich die Bezahlung) ist noch reichlich Luft nach oben …